von Michael Schlecht
Arbeit ist das halbe Leben, heißt es, doch diese Hälfte wird immer größer und immer anstrengender. Stress, Hetze, Überstunden, Termin- und Leistungsdruck sind heute üblich. Immer häufiger führt das Arbeitsleben zu Depression und Frühverrentung. Höchste Zeit also für ein Anti-Stress-Gesetz. Arbeitsministerin Andrea Nahles allerdings will lieber nichts überstürzen. CDU-Vize Michael Fuchs findet das gar eine „dekadente“ Idee.
Fuchs ist gegen ein Gesetz, das den Feierabend der Arbeitnehmer vor dem Zugriff ihres Chefs schützt. „Solch realitätsferne Ideen können sich nur dekadente Gesellschaften leisten”, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion. Das Wörterbuch der deutschen Sprache definiert Dekadenz als „kulturellen Verfall, der sich in einer übertriebenen Verfeinerung des Geistes und der Sinne äußert“. Sind die deutschen Beschäftigten alle zu Weicheiern geworden?
Wie sieht das Leben im „dekadenten“ Deutschland heute aus? Die Fakten sind mal wieder eindeutig. Zum einen wird die Arbeit immer produktiver. Pro Arbeitsstunde wird heute in der Industrie doppelt so viel produziert wie noch 1991. Man könnte also Arbeitszeit mit vollem Lohnausgleich reduzieren und gleichzeitig die Arbeit entspannter gestalten.
Aber so ist es nicht. Denn nicht die Produktivität zählt für die Unternehmen, sondern die Rentabilität. Profit geht vor Lebensglück. Und das macht das Arbeitsleben immer härter. Immer mehr Jobs sind unsicher und zeitlich befristet, was die Angst vor Job-Verlust schürt. Immer weniger Menschen sind durch Tarifverträge geschützt, sondern ihren Arbeitgebern ausgeliefert. Schichtdienst, Nacht- und Wochenend-Arbeit nehmen zu, mehr als jeder vierte Deutsche arbeitet laut Eurostat regelmäßig am Abend. Die Angst vor Hartz IV tut ihr Übriges, um die Menschen gefügig zu machen. Ganzen Beitrag lesen »