geklaut aus „Aus Politik und Zeitgeschichte“ vom 5. Oktober
von Sabine Nuss
Privateigentum: Schein und Sein – Essay
Im Frühjahr 2020 konstatierten zwei Gastautoren in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ eine „erschreckende Lust“ bei Politikerïnnen, öffentlich über die Verstaatlichung von Unternehmen nachzudenken. Mit atemberaubender Leichtigkeit, so die Klage, werde „mit schwerem Besteck an den Grundfesten unserer verfassungsmäßigen Ordnung gearbeitet, die zwingend Privateigentum, Haftung und Vertragsfreiheit verbindet“.[1] Die Sorge ist nicht verwunderlich, sind die Autoren doch Führungskräfte des unternehmensfinanzierten Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Der Beitrag von Direktor Michael Hüther und Geschäftsführer Hubertus Bardt erschien just in jener Zeit, als Deutschland zu realisieren begann, dass das Virus SARS-CoV-2 auch vor den Grenzen der Bundesrepublik nicht haltmachen würde. Staatliche Eingriffe ungekannten Ausmaßes waren die Folge: Shutdown, Kreditzusagen, Zuschüsse, Nachtragshaushalte, Eingriffe in den Markt, auch in Unternehmen kaufte sich die Regierung ein. Dabei versuchte der Staat zu retten, was Hüther und Bardt eigentlich vor ihm schützen wollten: das Privateigentum. In der Klage der beiden wird deutlich, was die Ordnung des Privateigentums letztlich charakterisiert: Die exklusive Verfügungsgewalt über das – extrem ungleich verteilte – Betriebsvermögen. Davon zu unterscheiden ist persönliches Eigentum, das dem Konsum dient.