„Werkverträgen die Giftzähne ziehen“
Georg Rapp, Klaus Ernst und Richard Pitterle referierten in Weissach zu Problemen, die sich für Beschäftigte aus Werksverträgen ergeben. Nach jüngsten Veröffentlichungen des SWR werden sie zu Lohndumping missbraucht, aber auch gegenüber Ingenieuren z.B. im Bereich der PKW-Entwicklung sind sie oft nicht unproblematisch.
In einer trotz hochsommerlichem Wetter gut besuchten Veranstaltung der Bundestagsfraktion der Linken erläuterte Klaus Ernst das äußerst schwierige Thema. „Nach dem Hartz-II-Gesetz von Rot-Grün unter Kanzler Schröder wurde vor allem die Leiharbeit dazu missbraucht, die Löhne zu drücken: Die massive Einstellung von Leiharbeitern bedrohte das Lohnniveau der Stammbelegschaften. Nachdem jetzt die IG Metall einen Tarifvertrag zum Umgang mit Leiharbeitern abschließen konnte, versuchen die Arbeitgeber das Lohndumping über Werksverträge zu organisieren.“
Und davon wusste vor allem Georg Rapp zu berichten. Er arbeitet in der PKW-Entwicklung bei Daimler, war Werkverträgler und hat sich bei Daimler eingeklagt. Heute gehört er der „Alternative“-Betriebsgruppe an. „Alle Entwickler arbeiten mit Daimler-Laptops, da gibt es niemanden, der nicht komplett in die Vorgänge eingebunden wäre.“ Nach Darstellung Georg Rapps sind – folgt man dem klassischen Werksvertragsgedanken – auch in der PKW-Entwicklung die allermeisten Verträge lediglich Schein-Werkverträge . . . „Was der Film des Südwestrundfunks für den gewerblichen Bereich aufgezeigt hat, ist in der Entwicklung schon sehr sehr lange gang und gäbe.“ Normalerweise müsste eine klare Abgrenzung vorgenommen werden. Fakt ist aber, dass die Verträge mit Evaluierungsklauseln so hingebogen werden, dass die Fremd-Ingenieure gewissermaßen Teil eines Gesamtprozesses sind, voll in die Abläufe eingebunden. Und das sollte normalerweise über einen Werkvertrag nicht lösbar sein: Es wird kein „Werk“ erstellt.
Ernst verwies auf einen Gesetzesentwurf der Linken, der darauf abzielte, „Werkverträgen die Giftzähne zu ziehen“: Die Werksvertragsfirma müsste mit eigenem Werkzeug arbeiten und dürfte für sich selbst keine Leiharbeiter beschäftigen. Wenn vorher eigene Mitarbeiter die Arbeit erledigten, sollte eine Auslagerung via Werkvertrag ausgeschlossen bleiben. Keinesfalls dürfe die Werkvertragsfirma dem Zeitmanagement des Auftragsgebers unterworfen werden. Und eine Vergütung über Zeiteinheiten widerspräche der Idee des Werkvertrags von vornherein.
Klaus Ernst kritisierte die Arbeitsministerin: „Mit einem großen Kongress hat Frau von der Leyen so getan, als wolle sie gegen den Missbrauch von Werkverträgen vorgehen. Aber in Wirklichkeit wollen CDU und FDP, dass alles so bleibt, wie es ist.“
Richard Pitterle, der Sindelfinger Bundestagsabgeordnete der Linken, der im Zivilberuf Fachanwalt für Arbeitsrecht ist, ergänzte: „Weitreichende gesetzliche Regelungen sind enorm wichtig, ich weiß aus eigener Erfahrung, wie schwierig es für Arbeitnehmer ist, innerhalb eines Werkvertrags zu ihrem Recht zu kommen.“
Darüber hinaus erläuterte Pitterle, dass die Linke im Kreis Böblingen hinter dem Cluster der Premiummarken und ihren Entwicklungsstandorten im Kreis steht, zu denen er auch den Bosch-Ausbau in Renningen und den Aufbau des Daimler-Werkzeugbaus in Sindelfingen zählt. „Hier in Weissach halte ich die kommunalpolitischen Probleme für lösbar, die sich immer bei Standortausbauten ergeben, wie zum Beispiel die Verkehrs- und Parkplatzsituation. Allerdings wiegt der Verdacht des BUND schwer, die Kommunalpolitik habe ein Biotop verschwinden lassen, damit sich Porsche ungehindert 3,2 Hektar Wald aneignen könne.“