ver.di zum Klimastreiktag 20. September 2019

Positionierung Fridays for Future, Klimastreik, Kohleausstieg

Klimaschutz darf nicht zulasten abhängig Beschäftigter und sozial Schwacher gehen. Zu den notwendigen Rahmenbedingungen zählt die Schaffung von Alternativen für vom Strukturwandel betroffene Beschäftigte, bspw. neue Arbeitsplätze durch öffentliche Investitionen in neue, nachhaltige Branchen und Angebote zu Weiterbildung und Umschulung. Aber Klimaschutzmaßnahmen dürfen z.B. auch nicht zu einer höheren Steuer- und Abgabenbelastung für Gering- und Normalverdiener führen, zusätzliche Abgaben oder höhere Preise müssen mit einem sozialen Ausgleich verbunden sein. Auch dafür tritt ver.di ein.

Und auch die Gewerkschaften sind in der Verantwortung: Natürlich ist weiterhin eine aktive Tarifpolitik notwendig, um neu entstehende Arbeitsplätze durch Tarifverträge abzusichern, und gesamtgesellschaftlich müssen insbesondere niedrige Einkommen deutlich angehoben werden. Dies ist das gewerkschaftliche Kerngeschäft, das im Zentrum der Arbeit von ver.di steht und das auch weiterhin mit vollem Einsatz vorangetrieben wird.

Bisher sind die politischen Rahmenbedingungen für eine effektive und sozialverträgliche Klimapolitik allerdings in wichtigen Bereichen, in denen der Klimaschutz entschiedenes Handeln erfordert, noch nicht zufriedenstellend auf den Weg gebracht.

Eine wichtige Aufgabe ist die Energiewende und der Ausstieg aus der besonders klimaschädlichen Kohleverstromung. ver.di hat den Kompromiss in der Kommission Wachstum, Strukturwandel, Beschäftigung mitverhandelt und steht zu den Vereinbarungen, wie sie im Abschlussbericht formuliert sind, inkl. des Ausstiegs aus der Kohleverstromung bis spätestens 2038. Allerdings darf, das hat ver.di nicht nur in der Kommission immer wieder betont, auch der Kohleausstieg nicht zulasten der Beschäftigten gehen. Das heißt, alle im Abschlussbericht formulierten Empfehlungen müssen vollumfänglich umgesetzt werden – sowohl die, die sich auf den Ausstieg selbst beziehen als auch die, die seine Sozialverträglichkeit gewährleisten. Das geschieht derzeit nicht in ausreichendem Maße: Bisher reichen die Investitionen in den Ausbau der erneuerbaren Energien, klimafreundlicher Kraft-Wärme-Kopplung und der Netze nicht aus, um bis 2038 vollständig aus der Kohle auszusteigen und dabei Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Auch wird eine wichtige Aufgabe sein darauf zu achten, dass die Strukturhilfen für die betroffenen Regionen auch tatsächlich die alternativen Beschäftigungsmöglichkeiten eröffnen, die für eine sozialverträgliche Bewältigung des Strukturwandels notwendig sind.

Zudem kann die Energiebranche nicht allein die Verantwortung für die Einhaltung der Klimaziele tragen: Wir brauchen deutlich stärkere Anstrengungen auch in Bereichen wie der Industrie, Wohnen und insbesondere dem Verkehr, die bisher einen viel zu geringen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Hier fordert ver.di unter anderem deutlich mehr Investitionen in den öffentlichen Personennahverkehr und die energieeffiziente Gebäudesanierung. Nur durch deutlich entschiedeneres Handeln auch in diesen Bereichen werden wir unseren Beitrag zur Eindämmung der Erderwärmung leisten können.

Angesichts der sich viel zu langsam bewegenden Politik ist starker Druck von unten notwendig: Nur mit gesellschaftlichem Druck werden die notwendigen Rahmenbedingungen zügig geschaffen werden, um die Klimaziele zu erreichen und dabei die Interessen der Beschäftigten und sozial Schwachen zu wahren. Deshalb unterstützt ver.di die Proteste der Fridays for Future-Bewegung: Wir brauchen eine starke gesellschaftliche Bewegung, wie sie die Schulstreiks der Jugendlichen angestoßen haben, um eine umfassende und sozialverträgliche Klimapolitik voranzutreiben. Ohne dabei aus dem Auge zu verlieren, dass selbst für den Kohleausstieg 2038 – und das gilt noch viel mehr für den Versuch früher auszusteigen – Voraussetzungen erfüllt sein müssen wie die Verfügbarkeit ausreichender Backup-Kapazitäten, die Synchronisierung des Ausbaus der erneuerbaren Energien mit dem der Netze, die Sozialverträglichkeit der Ausgestaltung. Auch darauf hat ver.di und hat der Vorsitzende stets hingewiesen.