Gute Arbeit statt Minijobs

Beschluss des BundessprecherInnerates der AG Betrieb & Gewerkschaft der LINKEN:

Sozialversicherungspflicht ab der ersten Stunde

Die Arbeitsgemeinschaft Betrieb & Gewerkschaft der LINKEN fordert, dass prekäre Beschäftigung abgebaut und Existenz sichernde Arbeit aufgebaut wird. Minijobs dürfen nicht mehr gefördert werden. Notwendig ist außerdem die volle Sozialversicherungspflicht für jede geleistete Arbeitsstunde. Begleitet werden muss dies durch die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns von 10 Euro. Arbeitsverhältnisse sollen – gerade auch im Hinblick auf die Mindestarbeitszeit – so gestaltet werden, dass sie dem Ziel einer eigenständigen Lebensführung entsprechen.

Um für genügend Arbeitsplätze zu sorgen müssen gleichzeitig mit dem linken, sozial-ökologischen Zukunftsprogramm zwei Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen werden. In den Bereichen Bildung und Erziehung, Gesundheit und Pflege sowie beim ökologischen Umbau gibt es viel zu tun. Durch ein Programm von 125 Milliarden Euro jährlich muss dies von staatlicher Seite abgesichert werden. Darüber hinaus muss die wöchentliche Arbeitszeit auf 35 Stunden, perspektivisch auf 30 Stunden bei vollem Lohn- und Stellenausgleich verkürzt werden.

DIE LINKE ist gefordert, in den nächsten Monaten Aktivitäten zu entfalten. Wenn mehr Gute Arbeit geschaffen und Millionen Menschen aus dem Niedriglohnsektor befreit werden sollen, sind neben Leiharbeit und befristeter Beschäftigung die Minijobs das zentrale Hindernis.

Begründung: Minijobs breiten sich seit einigen Jahren immer mehr aus. Das wirkt sich fatal auf den Arbeitsmarkt aus. Normale Vollzeitarbeit wird verdrängt. Es gibt immer mehr schlecht bezahlte und unsichere Niedriglohnjobs. Mit den Hartz-Gesetzen 2003 wurden auch die Weichen für eine Ausweitung der Minijobs gestellt. Seitdem hat die Zahl der Minijobs, also sozialversicherungsfreier, geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse, um ein Drittel von 5,5 Millionen auf 7,3 Millionen zugenommen.

Minijobs bedeuten Minilöhne: Acht von zehn geringfügig Beschäftigten arbeiten zu Niedriglöhnen. Der überwiegende Teil der Minijobs findet sich in Dienstleistungsbranchen. In der Gastronomie, dem Reinigungsgewerbe oder im Einzelhandel stellen sie schon jeden zweiten bis dritten Arbeitsplatz. Das kommt den Staat teuer: mit jährlich rund fünf Milliarden Euro stockt er die Einkommen aus Minijobs auf.

Minijobs sind eine beschäftigungspolitische Sackgasse. Sie sind keine „Brücke“ in normale und sichere Vollzeitarbeit. Zudem erwerben die Betroffenen keine Ansprüche auf Leistungen der Renten- und Arbeitslosenversicherung. Altersarmut ist vorprogrammiert. Qualifizierungen und Unterstützungszahlungen durch die Bundesagentur für Arbeit gibt es nicht. Im Arbeitsalltag bleiben Lohnzahlungen im Falle von Urlaub, Krankheit oder an Feiertagen oft aus.

Betroffen sind vor allem Frauen. Zwei von drei geringfügig Beschäftigten sind weiblich. Minijobs sind eines der zentralen Instrumente, die die geschlechtsspezifische Spaltung des Arbeitsmarktes begründen. Sie funktionieren nur als Hinzuverdienst bei Hartz IV oder eben im alt hergebrachten männlichen Familienernährer-Modell, in dem die Frau nur einen Zuverdienst hat. Frauen wählen diese Beschäftigungsform nicht freiwillig. Zwei Drittel würden gerne länger arbeiten.

Eine Initiative zur Umwandlung der Minijobs wird unweigerlich auf energischen Widerstand in der Wirtschaft stoßen. Das zeigen die Erfahrungen aus dem Jahr 1999, als eine rot-grüne Regierung unter dem Druck der Arbeitgeberverbände weitergehende Regulierungspläne der geringfügigen Beschäftigung zurückzog.

Notwendig ist ein breites gesellschaftliches Bündnis. Die Voraussetzungen dafür sind da. Neben den Gewerkschaften fordern der Frauenrat und viele andere Verbände eine Abschaffung der Minijobs. Ermutigend ist die jüngste Volksabstimmung in Slowenien, bei der sich im April diesen Jahres 80 Prozent gegen die Einführung von Minijobs nach deutschem Vorbild ausgesprochen haben.